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16.04.2025|

Die internationale Pressefreiheit ist massiv bedroht

Die Sender «Radio Free Europe» und «Voice of America» sind in vielen Ländern die einzige unabhängige Nachrichtenquelle. Nun möchte ihnen die US-Regierung die Gelder streichen. Das wäre eine Katastrophe für die internationale Pressefreiheit.

Die US-Agentur für Globale Medien (USAGM) soll aufgelöst werden. Dies teilte die Trump-Regierung Mitte März 2025 mit. USAGM betreibt unter anderem den Radiosender «Voice of America» (VoA) und finanziert «Radio Free Europe» sowie «Radio Free Asia». Die Sender bringen unabhängigen Journalismus in Länder mit eingeschränkter Pressefreiheit. Allein VoA sendet in 43 Sprachen und erreicht wöchentlich 280 Millionen Hörerinnen und Zuschauer. 

Vorerst untersagte ein New Yorker Bundesrichter die Schliessung von VoA und die Entlassung der dort arbeitenden Medienschaffenden. Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen. Warum es sich für uns als Kommunikatorinnen und Kommunikatoren lohnt, diesen Fall zu beobachten? Weil er ein gutes Beispiel dafür ist, dass die Pressefreiheit auch in vermeintlich fortschrittlichen Ländern gefährdet ist und warum es sich lohnt, dafür zu kämpfen. 

Zwischen Propaganda und kritischer Berichterstattung 

Der Radiosender VoA lief 1942 zum ersten Mal über den Äther. Die ersten Sendungen waren Deutsch und eine direkte Reaktion auf die Nazi-Kriegspropaganda. VoA wurde mit dem Ziel gegründet die «freie Kultur der USA» in die Welt hinauszutragen. Dies sollte die sogenannte «soft Power», also die weiche Machtausübung der Vereinigten Staaten fördern. Neben Nachrichten taten das die Sender auch mit Jazz, der sinnbildlich für die unbegrenzte Freiheit in den USA stand. 

Das klingt nach Propaganda. Ja, diese Aspekte sind den Sendern inhärent. «Radio Free Europe» stand oft im Verdacht ein CIA-gesteuertes Propagandaorgan zu sein. Tatsächlich wurde es zunächst durch den Geheimdienst finanziert. Und doch wäre es zu kurz gegriffen, die Sender als Propagandainstrumente zu bezeichnen. Dafür ist ihre Geschichte zu komplex. 

Entscheidende Rolle während des kalten Krieges 

VoA berichtete etwa während des zweiten Weltkrieges auch über Misserfolge der US-Armee in Japan. Japanische Kriegsgefangene gaben später zu Protokoll, dass sie aufgrund dieser offenen Berichterstattung dem Sender Glauben schenkten und ihn als Informationsquelle schätzten. 

«Radio Free Europe» war zur Zeit der UdSSR die einzige freien Nachrichtenquelle in den Sowjetischen Satellitstaaten. Der Schwestersender «Radio Liberty» war es in Russland. Während des Tschernobyl-Unglücks 1986 etwa schwiegen die offiziellen Staatsmedien der Blockstaaten monatelang zur Katastrophe. Die Hörerschaft von «Radio Free Europe» und «Radio Liberty» stieg in dieser Zeit dramatisch an. Die Sender verbreiteten den tatsächlichen Sachverhalt und informierten die Bevölkerung darüber, wie sie sich vor der Strahlung schützen konnte. 

Die Arbeit bleibt gefährlich und wichtig 

Noch heute ist die Arbeit der US-Auslandsender für die internationale Pressefreiheit entscheidend. Nicht umsonst wurde VoA 2020 in Russland als ausländischer Agent eingestuft und verboten. Da sie in Ländern mit eingeschränkter Pressefreiheit arbeiten, sind Medienschaffende oft grossen Risiken ausgesetzt. Die Reporterinnen und Reporter werden regelmässig bedroht und verfolgt.  

Das geplante Vorgehen der US-Regierung sollte uns darum dazu veranlassen, diese mutigen Reporterinnen und Reporter wieder mehr in den Fokus zu rücken. Sie liefern uns Informationen aus Regionen, in denen es sonst keine gesicherten neutralen Quellen gäbe. Gerade in der volatilen Zeit, in der wir uns gerade befinden, ist dies entscheidend. 

Über die Autorin

Als Historikerin denkt Evelyne Oechslin gerne über die Wurzeln von aktuellen Vorgängen nach.