Nirgends habe ich so intensive Gegensätze verspürt wie in La Guajira, dem nördlichsten Departamento Kolumbiens mit seinen idyllischen Stränden und den Wüsten ohne Zivilisation. Auf der langen Fahrt quer durch die Wüsten kann es schon mal passieren, dass der lokale Fahrer sagt, er habe sich erneut verfahren. Für mich sah sowieso jeder Kaktus gleich aus. So machte sich ein mulmiges, zuweilen aber auch inspirierendes Gefühl breit, als ich in die Weite blickte und mich der Fahrt hingab. In der Kargheit verlor ich das Gefühl für Raum und Zeit. Bis heute erinnere ich mich daran, dass Ziele manchmal nicht sichtbar sind und lediglich Geduld und Vertrauen in andere Menschen sie näherbringen.

Einheimische trifft man in dieser Gegend kaum an. Die wenigen Menschen leben in kleineren Fischerdörfchen. Für Touristen bieten sich dort Hängematten-Schlafplätze direkt am Postkarten-Sandstrand mit Blick auf das türkise Meer. Lässt man auch diese Dörfchen hinter sich, erreicht man Punta Gallinas, den nördlichsten Punkt Südamerikas, wo sich hohe Sanddünen mit windigen Klippen abwechseln. Nach dem Naturspektakel nächtigte ich in der Hängematte eines rustikalen Hofs im Innern der Wüste. Die Sterne beobachten und die Stille geniessen war traumhaft. Aus der träumerischen Idylle riss mich erst ein kleiner Begleiter, den ich im Dunkeln neben mir entdeckte: ein Skorpion.