19.08.2024|
Der Stallgeruch macht den Unterschied
Qualität und kulturelles Verständnis sind gefragt, will man in der Schweiz mediale Erfolge feiern. Es ist deshalb ratsam, mit einer lokalen Agentur zusammenzuarbeiten, die über entsprechende Kontakte verfügt. Das Prinzip funktioniert allerdings nur dann, wenn man als Agentur Zugang zu Entscheidern und relevanten Informationen hat.
Ich gebe zu, ich bewundere die Deutschen dafür, dass sie sich so salbungsvoll ausdrücken können. Was mir dabei immer wieder auffällt: Sie sagen mit vielen Worten oft wenig. Mein Mundwerk ist nicht so geschliffen, und ich gehe sparsamer mit meinem Worten um.
Die Schweizer Färbung meiner Sprache klingt für deutsche Ohren wie eine Kakophonie aus Geröll-, Krach- und Zischlauten. Das hat man mich auch schon spüren lassen. Nach zwei Monaten Zusammenarbeit waren die Vorbehalte verflogen. Mein Englisch hat ebenfalls eine Schweizer Färbung. Doch offenbar ist man in der angelsächsischen Welt sprachtoleranter.
Und doch habe ich einen Vorteil gegenüber der ausländischen Konkurrenz: Ich kenne die meisten Journalisten – und sie mich. Und noch etwas: Mein tägliches Wörterkontingent ist bald erschöpft, deshalb halte ich mich kurz.
Ein kleiner Markt, man kennt sich
Im übersichtlichen Schweizer Markt konzentrieren sich die wichtigsten nationalen Titel auf die Regionen Zürich, den Arc Lémanique und Lugano. Journalisten und PR-Agenturen kennen sich, und lokale Beziehungen sind von unschätzbarem Wert.
Das Vertrauen der Schweizer Journalisten gewinnt man nicht auf Anhieb. Ohne die richtigen Kontakte landet jede noch so feine Ansprache eines Journalisten oder eine Medienmitteilung schneller im Papierkorb, als man „Grüezi“ sagen kann. Trotzdem versuchen sich ausländische Agenturen und Unternehmen mit Medienarbeit in der Schweiz. Doch die kommunikativen Eintrittshürden sind für sie meist zu hoch. Ohne lokale Bekanntheit des Unternehmens finden sie selten Beachtung. Gleichzeitig ist am Hauptsitz der Unternehmen, sei es in Berlin, London oder New York, das Verständnis für eine gute Story in den Medien oft gering.
Hinzu kommt, dass Journalisten oft unterschätzt werden. Wenn ich Beratern in Agenturen in London oder Berlin erkläre, dass hierzulande der Wechsel von einer Bank in den Journalismus durchaus einen Karriereschritt bedeuten kann, wenn auch in letzter Zeit zunehmend in umgekehrter Richtung, schaut man mich mit grossen Augen an.
Kulturelle Unterschiede
In den letzten Jahren haben wir für zahlreiche internationale Unternehmen erfolgreich kommuniziert. Trotzdem gab es zu Beginn der Zusammenarbeit von Seiten der Auftraggeber hin und wieder Vorbehalte. Diese hatten damit zu tun, dass der Schweizer Markt im Ausland als vernachlässigbar klein verkannt wird, mit mangelnden Geographiekenntnissen («Oh, really, four languages in one country?»), manchmal waren sie auch sprachlicher Natur.
Jedes Land tickt anders. Lokale Expertise ist entscheidend für erfolgreiche Medienarbeit. In Deutschland herrscht ein Hang zu klaren Hierarchien und präziser Sprache. Die Folge sind oftmals formelle, umständliche und mit blähdeutschen Worthülsen gespickte Texte mit wenig Inhalt und verräterischen Eszett. Sie finden selten Gnade in den Schweizer Medien. Wer den Kern seiner Story gegenüber einem Journalisten in einem Mail oder am Telefon nicht in zwei kurzen Sätzen formulieren kann, hat verloren. Harry Büsser, ehemaliges Mitglied der Chefredaktion der Handelszeitung, betont: «Ich will Klartext. Wenn jemand in einem Mail nicht sofort auf den Punkt kommt, lösche ich es sofort.»
Der Kampf um relevante Informationen
Oft sind es Unternehmen im Ausland oder PR-Agenturen, die uns für die Medienarbeit im Schweizer Markt anheuern. Erstere verstehen Agenturen als Befehlsempfänger und unsere Ansprechpartner sind häufig die Marketingabteilungen. In ihrem Fokus liegen die Produkte und Dienstleistungen als Treiber von Verkäufen und Wachstum. Storytelling ist ihre Sache nicht.
Natürlich gibt es auch dort Menschen, die unsere Bedürfnisse als Agentur verstehen. Trotzdem herrscht in diesen Abteilungen die Unternehmensdenke vor. Diese schlägt sich auch in der Sprache nieder, die oft gespickt ist mit Marketing-Slang. Wir übersetzen diese Sprache dann in mediengerechte Form.
Wir haben die Vermittlung von Inhalten und den Aufbau von Beziehungen, nicht nur mit Journalisten, sondern auch mit Multiplikatoren, im Auge. Dabei stellt sich für uns immer die Kardinalsfrage: Haben wir Zugang zu den relevanten Entscheidern und Experten? Gewährt man uns Transparenz im Unternehmen? So lassen sich gute Stories für die Medien entwickeln.
Idealerweise besteht ein Vertrauensverhältnis zum CEO. Doch je grösser ein Unternehmen, desto wahrscheinlicher, dass wir «weichgespülte» Aussagen und Informationen aus zweiter oder dritter Hand erhalten. Dies erschwert die Medienarbeit.
Vorteil Local Heroes
Konzerne haben für ihre globale Kommunikation Vorliebe für einen einzigen Ansprechpartner. So fällt ihre Wahl dann auf eine Agentur mit entsprechender globaler Präsenz. Doch schlussendlich ist lokale Expertise entscheidend für wirkungsvolle PR. Diese benötigt den direkten Kontakt zum Management und das Verständnis für lokale Gegebenheiten.
Ein Unternehmen, das in der Schweiz Fuss fassen möchte, sollte vorab überlegen, wie es die Kommunikation organisieren will. Für die Wahl der Agentur gilt: Je stärker die lokale Verankerung, desto besser.